Fakultät für Human- und Sozialwissenschaften

Entwicklung ländlicher Räume – großräumige Trends, kleinräumige Erreichbarkeitsmodellierung und teilhabeorientierte Verkehrsplanung

Arbeitstitel Dissertation

Entwicklung ländlicher Räume – großräumige Trends, kleinräumige Erreichbarkeitsmodellierung und teilhabeorientierte Verkehrsplanung

Kurzinfo zum Dissertationsvorhaben

Die Sicherung der Daseinsvorsorge stellt viele ländliche Räume vor große Herausforderungen. Vergangene und gegenwärtig fortlaufende Entwicklungen führen zu einer zunehmend schlechteren ländlichen Basisinfrastruktur in Deutschland und Europa. Megatrends, wie der demographische Wandel, Prozesse der Globalisierung, Wettbewerbsvorteile hoch verdichteter urbaner Gebiete und Konzentrationsprozesse in der Landwirtschaft führten in den letzten Dekaden zu einem Niedergang vieler, vor allem peripher gelegener, ländlicher Räume und letztendlich zu einem Rückgang an Einrichtungen der Daseinsvorsorge.
Trends der letzten Dekade zeigen aber auch Potentiale für die Entwicklung ländlicher Räume auf, die auf eine mögliche Regeneration hindeuten. Bevorstehende Transformationen bergen enormes wirtschaftliches Potential für ländliche Räume als Produzenten regenerativer Energie. Vor allem durch die Corona-Pandemie wurde Telearbeit zu einem Massenphänomen, wodurch viele Menschen nicht mehr zwangsweise in oder in der Nähe der großen Metropolen wohnen müssen. Durch Krisen veränderte und diversifizierte Lebensentwürfe führen dazu, dass viele Menschen ländliche Räume zunehmend als attraktiv wahrnehmen. Zudem macht der seit Jahren angespannte Wohnungsmarkt urbane Räume zunehmend unattraktiver, wovon letztendlich ländliche Räume profitieren können.
Um die Entwicklungspotentiale ländlicher Räume nutzen zu können müssen diese als Wohnstandorte attraktiver werden. Voraussetzung dafür ist eine gewisse Ausstattung an Einrichtungen der Daseinsvorsorge. Ein wesentlicher Aspekt der Daseinsvorsorge ist die Erreichbarkeit wichtiger Ziele der Versorgung, Gesundheit und Bildung sowie von Kulturstätten und Freizeiteinrichtungen. Vor dem Hintergrund eines hohen Motorisierungsgrades in ländlichen Gebieten ist für viele lang ansässige Bevölkerungsschichten Erreichbarkeit kein zentraler Faktor für die Erfüllung ihrer Grundbedürfnisse. Auf der anderen Seite stehen Bevölkerungsgruppen, die keinen Zugang zu einem eigenen Pkw haben oder aufgrund der hohen Mobilitätskosten, die mit dem eigenen Auto einhergehen, in anderen Bereichen in ihrer Teilhabe eingeschränkt sind. Diese werden zunehmend abgehängt, da die Mobilitätsangebote aufgrund des Fahrgastrückgangs nicht mehr genügend Kapazitäten erreichen und zunehmend eingestellt werden. Des Weiteren spricht für einen gut ausgebauten ÖPNV auch in ländlichen Räumen, dass immer mehr Menschen ein nachhaltiger Lebensstil wichtig ist. Ein differenzierteres Mobilitätsangebot, das weniger auf das Auto ausgerichtet ist, würde ländliche Räume für mehr Bevölkerungsgruppen attraktiv machen als dies derzeit der Falls ist.
Das kumulativ angelegte Dissertationsvorhaben widmet sich der Frage, wie eine positive Entwicklung ländlicher Räume gelingen kann. Dabei wird der Fokus auf die Mobilität der Bevölkerung gelegt. Zentrale Aspekte der Dissertation sind die Erreichbarkeit zu den Zielen der Daseinsvorsorge sowie eine nachhaltige und teilhabeorientierte Verkehrsplanung. Im ersten Teil werden die Trends des letzten Jahrzehnts aufgezeigt, die im Wesentlichen für ländliche Räume in Europa relevant sind. Der zweite und dritte Teil geht zunehmend auf Mobilitätsaspekte ein. Im zweiten Teil wird ein für den Landkreis Calw theoretisch und empirisch neu entwickelter Index vorgestellt und analysiert, der die Erreichbarkeit zu unterschiedlichen Zielen der Daseinsvorsorge kombiniert modelliert und im Querschnitt über alle Verkehrsmittel visualisiert. Im dritten Teil werden konzeptionelle Ansätze einer gerechtigkeitsorientierten Mobilitätsforschung als Grundlage für eine auf Teilhabe ausgerichtete Verkehrsplanung dargelegt und auf ländliche Räume Deutschlands übertragen.

Title of the thesis

Developing rural areas – European trends, accessibility of services of general interests, and justice-based transport planning

Short description

Securing the provision of services of general interest (SGI) is a major challenge for many rural areas. For the recent decades a decline in basic infrastructure can be observed. Megatrends like demographic change, globalization, urbanization, and concentration in the agricultural sector led to rural decline, especially in remote rural areas, that goes hand in hand with less SGI amenities.

Beside this rather negative general development, many trends of the last decade point out pathways for a regeneration of rural areas. The transformation towards the production of renewable energies contains an enormous economic potential for rural areas. The Covid pandemic pushed remote work to become a mass phenomenon, therefore many employes not necessarily need to live near to metropolitan areas anymore. Due to several crisis a new desire to live in rural areas can be observed. And finally, the high rental prices in urban areas push inhabitants towards rural areas.

But to harvest this development potential rural areas need to provide a certain standard in terms of SGI and public transport. Regarding to this, the accessibility of important destinations of supply, health, and education as well as cultural sites and leisure facilities is an important key-aspect. For most of the current rural residents’ accessibility is not a major issue, because they can afford a car to fulfill their basic needs. On the other side there is a significant minority that do not have access to a car or suffer from forced car ownership. These groups are increasingly being left behind. Furthermore, potential new residents from urban areas often expect a more differentiated transport system, which is not the case in many rural areas.

This cumulative dissertation project is dedicated to the question of how a positive development of rural areas can succeed, with a focus on mobility. Central aspects of the dissertation are accessibility of SGI as well as sustainable and just transport planning in rural areas. The first part addresses European trends of the last decade and their opportunities for rural regeneration. The second and the third part of the dissertation project is more focused on mobility topics. In the second part, a new mobility-index was developed for the rural district of Calw in southern Germany, which models the accessibility to different SGI in a combined way and visualizes it across all means of transport as an example for a more demand-based transport planning. Finally, the third part focusses on theoretical concepts of mobility and transport justice and their possible impact on transport planning in rural areas in Germany.

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