Hanau, Annika
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Doktorandin
Wissenschaftliche Mitarbeiterin, Doktorandin
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Forschungsschwerpunkte
Dissertation
Das Ziel dieser Dissertation ist es, zu untersuchen, wie sich der Tourismus in Island im Spannungsfeld von ökologischer Tragfähigkeit, sozialer Resilienz und wirtschaftlicher Wertschöpfung transformiert und welche Rolle regenerative Ansätze dabei für Governance, Gemeinschaft und lokale Ökonomien spielen. Aufbauend auf der theoretischen Verknüpfung analysiert das Forschungsvorhaben, wie lokale Akteur*innen in unterschiedlichen Raumtypen (urbanen, ruralen und peripheren Regionen) Strategien entwickeln, die eine regenerative Destinationsentwicklung ermöglichen, um touristische Belastungen in erneuerbare Entwicklungsimpulse zu überführen. Damit soll ein Beitrag zur internationalen Debatte über nachhaltige und resiliente Tourismussteuerung geleistet werden, indem theoretische Konzepte mit empirisch fundierten Handlungsperspektiven verbunden werden.
Das Konzept des regenerativen Tourismus markiert einen grundlegenden Paradigmenwechsel in der Tourismusforschung und -praxis. Anders als klassische Nachhaltigkeit, die auf der Verringerung negativer Effekte und dem Prinzip „do less harm“ beruht, geht Regeneration über den Erhalt hinaus und zielt auf die aktive Wiederherstellung ökologischer, sozialer und kultureller Systeme (Bellato et al., 2023). Regeneration versteht sich damit als proaktiver, systemischer Ansatz, der Tourismus als integralen Bestandteil eines lebendigen, wechselseitig abhängigen Beziehungsnetzes zwischen Mensch und Umwelt begreift (Macintyre et al., 2024). Theoretisch knüpft er an Konzepte der sozial-ökologischen Systemtheorie, des place-based management und der resilience thinking-Schule an (Folke et al., 2016). Regenerativer Tourismus betrachtet Destinationen als komplexe adaptive Systeme, in denen Lern-, Feedback- und Erneuerungsprozesse zentral sind. In der aktuellen Forschung wird Regeneration zudem als ethischer und kultureller Prozess diskutiert, der auf Werte wie Fürsorge, Achtsamkeit und gegenseitige Verantwortung aufbaut (Bellato et al., 2025; Pollock, 2019). Studien aus Neuseeland (Fusté-Forné & Hussain, 2022) und Hawaii (Lemarié & Bellato, 2025; Hanau, 2025) zeigen, dass regenerative Praktiken dort entstehen, wo lokale Gemeinschaften aktiv an der Gestaltung touristischer Prozesse beteiligt sind und der Tourismus als Werkzeug zur Stärkung lokaler Identität und Ökosystemgesundheit genutzt wird. Im Kontext des Tourismus rückt Governance die interaktive, horizontale und vertikale Koordination zwischen Staat, Markt, Zivilgesellschaft und lokaler Gemeinschaft in den Fokus. Ergänzt wird dieser Ansatz durch das Konzept des Stewardship, das Verantwortung und Fürsorge für gemeinsame Güter, z.B. etwa Landschaften, Ressourcen oder kulturelles Erbe betont (Plummer & Fennell, 2009). Im Sinne von multi-level governance (Hooghe & Marks, 2020) entsteht touristische Steuerung in einem Netzwerk aus nationalen Strategien, regionalen Clustern, lokalen Initiativen und betrieblichen Praktiken. Gerade in peripheren Inselkontexten wie Island zeigt sich, dass adaptive Governance Systeme, die Lern- und Feedback-Mechanismen zulassen, erfolgreicher auf Krisen (z. B. COVID-19) reagieren und nachhaltige Transitionen ermöglichen (Helgadóttir et al., 2023; Saarinen & Gill, 2019). Das Prinzip von Stewardship erweitert Governance um eine normative Dimension. Es geht nicht nur um Steuerung, sondern um Sorge für das Gemeinsame. Der Ansatz des Community Development bildet eine zentrale Grundlage für die Verknüpfung von regenerativem Tourismus und sozialer Transformation. Er versteht Entwicklung als bottum-up initiierte, partizipative und empowerment-orientierte Gestaltung lokaler Lebensbedingungen. Im Tourismuskontext wird dieser Ansatz durch das Konzept des Community-Based Tourism (CBT) operationalisiert, das lokale Kontrolle, Nutzenverteilung und kulturelle Authentizität betont (Giampiccoli & Saayman, 2016). Community Development geht davon aus, dass soziale Kapitalbildung, Vertrauen und kollektives Lernen Voraussetzungen für nachhaltige Entwicklungsprozesse sind. Im regenerativen Ansatz werden Gemeinschaften nicht als Empfänger von Tourismusentwicklung, sondern als aktive Ko Produzenten von Wohlstand, Identität und Landschaft verstanden (Aquino & Burns, 2021). Für Island eröffnet diese Perspektive neue Wege der Destinationsentwicklung. Regeneration kann helfen, Übernutzung zu reduzieren, Biodiversität zu schützen und kulturelle Narrative, z.B. Landnutzung, Sagas und Gemeinschaft, neu zu beleben. Forschungslücken bestehen insbesondere darin, wie Regeneration institutionell verankert und wie sie in bestehende Tourismus-Governance-Strukturen integriert werden kann. Prinzipien des Community-Developments lassen sich insbesondere in kleineren Gemeinden außerhalb der Hauptstadt beobachten, wo touristische Aktivitäten mit kulturellem Erbe, Handwerk oder Umweltbildung verknüpft werden. Empirische Arbeiten (Aquino & Burns, 2021) zeigen, dass dort, wo lokale Akteur*innen in Entscheidungsprozesse eingebunden sind, eine höhere Akzeptanz, Innovationskraft und ökologische Verantwortung entsteht. Gleichzeitig entstehen strukturelle Spannungen. Machtasymmetrien zwischen internationalen Reiseveranstaltern, zentralstaatlicher Planung und lokaler Bevölkerung können Community-basierte Prozesse schwächen (Scheyvens, 2011). Daher ist die Integration von Community Development in Governance- und Regenerationsstrategien entscheidend, um langfristig gerechte und resiliente Systeme zu schaffen.
Forschungsgebiet: Island
Weitere Forschungsarbeiten
Erstbetreuung Studierender im Kombi-BA Geographie
Zweitbetreuung Studierender des Masters of Education Geographie
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2025
2024
SoSe 2026: Regionale Geographie mit großer Exkursion
WiSe 2025/2026: Sichtweisen der Geographie I (Vorlesung)
SoSe 2025: Außerschulische Lernorte (3-Tages Exkursion), Ziel: München
WiSe 2024/2025: keine Lehrveranstaltungen
SoSe 2024: Regionale Geographie mit großer Exkursion, Ziel: Island (gemeinsam mit Julian Dietze)